Ritter Habenichts
oder
Ein Lied aus dem lateinischen Viertel
Ich bin der Ritter Habenichts mit dem zerrissnen Rocke
aus dem Gedicht-Anthologie : Göttinger Musenalmanach für 1900, 1899 — 1. Auflage, Verlag von Lüder Horstmann, Göttingen
Ich bin der Ritter Habenichts
mit dem zerrissnen Rocke,
ein Tagedieb, ein Taugenichts,
zuhaus im fünften Stocke.
Heut hab ich Geld, heut leb ich fein
und ess', wie Kön'ge essen,
und morgen – hab ich alles klein,
und alles ist – vergessen!
Und wenn mir der Verleger mal
fünfhundert Mark wird pumpen,
wenn besser mal zahlt das "Journal",
dann laß ich mich nicht lumpen,
was kümmert dann mich Geld und Preis,
ich schenk euch tausend Gulden,
und wenn ich gar nichts bessres weiß, –
vielleicht bezahl ich Schulden!
Doch vorher, Ninon, kauf ich dir
drei Kleider ganz von Seide,
und kaufe dir und kaufe mir
ein Häuschen für uns beide.
Doch wenn zu Ende Geld und Wein,
der Trubel all vertrubelt, –
dann – Ninon, laß uns offen sein!
Wirds Häuschen auch verjubelt.
Ich hab nun einmal keine Hand
fürs Wahren und fürs Sparen, –
all Geld und Gut zerrinnt wie Sand
bei meinem Wanderfahren.
Und wandre ich bergab, bergan
den Weg, auf dem ich wohne,
mit keinem König tausch ich dann
auf seinem Königsthrone.
Mein Thronstuhl ist der Rasenstein,
mein Reich liegt auf der Straßen.
Ich flechte mir ins Haar hinein
aus Hahnklee die Topasen.
Kornblumen such ich allerwärts
und grünes Laub der Bäume,
und flechte um mein Liederherz
viel kornblumblaue Träume.
Worte : vor 1900 Börries, Freiherr von Münchhausen (1874 - 1945)
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Jürgen Sesselmann (mayer)
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