Regenwind

Neigst du dich, mein süßes Leben

 

von Hans Leip




Das Gedicht von Hans Leip stammt aus der Wochenzeitung : Simplicissimus - 33. Jahrgang – Nr. 13: 25. Juni 1928, Albert Langen, München



Regenwind

Regenwind

Gedicht (PDF)

Neigst du dich, mein süßes Leben,
über diese Nagelbank,
willst du dein Gesicht nicht heben
in des Wetters Niedergang?

Schralt es rund auch um die Sonne,
kuscheln wir doch kuchenwarm
mitten in der Pikaßtonne
jeder in des andern Arm.

Oder ist es nur die Bude,
wo der Grog im Glase schwitzt
und die Tule und ihr Lude
wie ein Spinngewebe sitzt?

Eine Weile, und wir fahren
um den kühlen Wendekreis
zwischen Hull und den Kanaren,
wo man nichts von Liebe weiß.

Eine kleine Regenflage
macht das große Meer nicht süß.
Ein paar hübsche Mädchentage
sind noch nicht das Paradies.

Weht der Wind, er weht nicht immer,
ist er manchmal wie dein Hauch.
Eine Koje und ein Zimmer,
Schiff und See, das gleicht sich aus.

Einmal sah ich in der Ferne
eine Wolke wie dein Haar,
und da wollte ich so gerne
bei dir sein auf immerdar.

Immerdar ist schön zu sagen.
Für den Seemann gilt es nicht.
Hafenein- und -aus zu jagen,
ruhelos, ist seine Pflicht.

Nun, sodenn, so laßt uns seilen
in dem Kuß- und Küselwind,
da die Tage uns enteilen
wo wir noch beisammen sind!


Worte :
vor Juni 1928 Hans Leip (1893-1983)


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